“Malerei ist für Christine Jackob-Marks unerbittliches Überprüfen der eigenen Wahrnehmung. Wie verändert die augenblickliche subjektive Befindlichkeit den Blick auf die Realität und damit auf sich selbst.”
Viktoria von Flemming
“Bilder, in denen tatsächlich etwas passiert, die sich nicht damit begnügen, Vorhandenes mehr oder minder exakt darzustellen. Ihre Interpretationen von Natur haben etwas zutiefst Theatralisches. Ihre Wälder lodern lichtdurchflutet, als wenn sie in Brand stünden. (…) Was ihre Pferde mit ihren Hunden und Elefanten vergleichbar macht ist auch hier die Behandlung der Augen. Die saugen die Blicke förmlich an. Merkwürdig ist das, wenn einen ihre Affen anschauen.”
Manfred Eichel
“Die Beziehung der Alchemie zur Materialverschiebung ist von zentraler Bedeutung für Jackob-Marks Herangehensweise an die eigentliche Faktur ihrer Gemälde (Faktur: die Qualität der Ausführung eines Gemäldes; der charakteristische Umgang des Künstlers mit der Farbe). Dies ist wichtig für die expressiven Tendenzen von Jackob-Marks und wurde zweifellos durch das Studium an der Berliner Hochschule der Künste in den 1960er Jahren geprägt, da der eigentliche Malprozess der sinnvollen Festlegung eines Themas in ihrem Werk vorausgeht. Es wäre daher falsch, Christine Jackob-Marks als kompositorische Malerin zu sehen, so als gäbe es einen vorgegebenen Entwurf, der anschließend ausgeführt oder ausgemalt wird. Sie ist eine Malprozess orientierte Malerin, und ihre Bilder entstehen in erster Linie im Akt des Malens selbst, (…) da Christine Jackob-Marks definitiv eine Informelle Malerin ist“
Mark Gisbourne
“Es sind erkämpfte Bilder, bei denen man spürt, dass Kunst machen gefährlich ist. Sie besitzen eine Schönheit, die kaum weniger giftig ist als das Wasser, auf dem der Himmel sich spiegelt und die Seerosen blühen.”
Friedrich Rothe
“Manchmal scheinen die Arbeiten wie aus einem puren Farbmeer konstruiert: lebendige Rottöne, Gelb und düsteres Blau, aus denen sich Formen erheben, um wieder mit dem Untergrund zu verschmelzen. (…) Christine Jackob-Marks hat nie aufgehört, die Kunst in all ihren Erscheinungsformen zu erforschen und mit ihren Zeichnungen und Gemälden ein tieferes Verständnis der sie umgebenden Welt zu erlangen.“
Charles Merewether
“In ihren Bildern stecken weder Naturganzes noch romantische Kosmologie; sie sprechen in Bruch-Stücken, zeigen Augen-Blick. So machen sie (auch) deutlich, wie ‘Hinter dem allgemeinen Verlagen nach Endspannung und Beruhigung… nur allzu deutlich das Raunen des Wunsches, den Terror ein weiteres Mal zu beginnen’ steckt. ‘Die Antwort darauf lautet: Krieg dem Ganzen, zeugen wir für das Nicht-Darstellbare, aktivieren wir die Differenzen, retten wir die Differenzen, retten wir die Ehre des Namens’ (Jean-Francois Lyotard). Darum wird hier der Bertold Brecht-Satz hinfällig: ‘Was sind das für Zeiten, wo Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!’ C. J.-M. setzt den Brecht-Satz nicht außer Kraft, malend überholt sie ihn. (…) Die Genauigkeit der Form, das Richtige/das ‘so und nicht anderes’ des Bildes sind gezielte Ergebnis mehrerer aufeinander bezogener selbstständiger Arbeitsschritte, deren Ergebnis das Bild ist. (…) Die Malerin verzichtet auf Großformate, arbeitet mit reduzierten Farbgesten, weiß also, wie größenunabhängig Monumentalität ist, kennt – denke ich – die Brecht-Zeilen ‘Daß das weiche Wasser in Bewegung Mit der Zeit den mächtigen Stein besiegt. Du verstehst, das Harte unterliegt.’ Dennoch und durchaus dem entgegen, besteht die Trägerin des Ersten Preises im Mahnmalwettbewerb darauf, das ein Stein des Anstoßes Aufmerksamkeit fordernd jenseits größenwahnsinniger Provokation hingestellt werden soll. ‘Märkische Landschaften’ und Mahnmal-Entwurf haben eine Autorin. Die Weite zwischen beiden Arbeiten ist kaum auszumessen.”
Hermann Wiesler
“In einer Welt, die aus dem Lot ist, die zu zerplatzen und zu verbrennen droht, in der Mord und Völkermord herrschen, setzt eine Künstlerin ihre Bildwelt. (…) Ihre Engagement, ihre Zweifel an der Welt wohnen ihren Bildern auf eine ganz eigene, ganz leise Art inne. Sie hält das Entschwindende, das Gefährdete fest, zeigt manchmal schon das Bedrohte, das Ausgedörrte, den Verlust der Unschuld in der Landschaft, in der Natur, wie bei dem brennenden Wald, wie bei dem giftigen Gelb in romantischer Landschaft. Immer aber sucht und findet sie die Schönheit, die dem Leben, die der Natur innewohnt, ja sie recht eigentlich ausmacht oder, so muß man sagen, ausmachen sollte. Hier liegt die Faszination, die von ihren Bildern ausgeht, die uns, die mich an diesen Bildern fesselt.”
Peter Raue
“Der Grat zwischen Schlafen und Wachen, Ruhe und Sturm, auch zwischen Rosa-Rot und Blutrot, zwischen Abstrakt und Konkret, zwischen Kunst und Wirklichkeit ist bei Christine Jackob-Marks denkbar – und auch sichtbar – schmal. (…) Sie ist keine subjektive Stimmungskünstlerin, sondern auch eine politisch couragierte und pädagogisch engagierte Staatsbürgerin, was sie nicht zuletzt mit ihrer Beteiligung am Wettbewerb um das vieldiskutierte Holocaust-Denkmal in Berlin bewiesen hat.”
Dieter Stolte
“In den Bildern von Christine Jackob-Marks entdecken wir die Schönheit des Lichts in seiner Vielfalt und in seiner Intensität. Es sind Bilder, die unser Sehvermögen anregen und erweitern können.”
Otto Schily
“Wie in einer extremen Großaufnahme untersucht sie die Willensstärke des Tieres, nähert sich seiner Aura und tastet haptisch sein Fell bzw. die ledrige, grobe Haut ab. (…) Doch der tiefe Blick ist auch ein tiefer, ewiger Blick in das instinktive Gedächtnis der Tiere, sozusagen die Geschichte zwischen Tier und Mensch und die gesamte Historie der Domestizierung. (…) Die Perspektive ihrer Werke ist irritierend gleitend, fast schwebend; niemals jedoch statisch auf eine Frontalansicht ausgerichtet. Landschaft wird zu einem intensiven Raumerlebnis, dass im einheitlichen Zusammenklang von Sehern und Fühlen, Erinnerung an Gesehenes und Imagination entsteht. (…) Christine Jackob-Marks Kompositionsschema folgt einem magischen Rhythmus von Licht und Schatten. (…) Im Sinne der Romantik sind ihre Bilder Sehnsuchtsbilder, die einer Einsamkeit und einem Ursprung gewidmet sind, zu dem sich der Mensch zurücksehnt. Doch ohne Sentimentalität führt sie auch die dunkle Seite des verlorenen Paradieses, das Rätselhafte und Magische vor.”
Christina Wendenburg
“Sie malt keine Topographien. Die Titel, die sich auf bestimmte Regionen beziehen (Märkisches Land, Thüringen, Ibiza) geben Auskunft über den Erinnerungsort der Malerin, nicht über das, was sie daraus macht. Denn was sie daraus macht, das ist immer mehr, als am Ort sichtbar war und nun kontrafaktisch auf ein Jenseits oder ein Andererseits der Blumen, der Landschaft, der Welt hindeutet.”
Peter Herbstreuth
“Christine Jackob-Marks ist meines Wissens die erste Künstlerin, die der Faszination dieser Un- und Urlandschaften (des Braunkohletagebaus in der Lausitz) nicht mit der Kamera, sondern – gegen starke Konkurrenz der Fotografie – malerisch sich nähert. Und das ist ein Unterschied ums Ganze. Großfotos etwa jener Bagger-Ungetüme, die wie Dinosaurier alles überragen und dennoch zierlich wirken vor der totalen Kulisse (…) halten die Motive und Gegenstände auf Abstand und verkleinern sie anekdotisch: zum Ballett der Kräne am Potsdamer Platz oder zum Riesenspielzeug. So entstehen Genrebilder. Selbst wenn der Fotograf derlei Blickfangfallen meidet (…) distanziert der Kamerablick perspektivisch, während der malerische Blick buchstäblich im Bilde ist. Auch der Blick des Betrachters folgt unwillkürlich dem Sog der Erdumbrüche, dem Schauer über den Rand zu stürzen, dem die Malerin sich überlies.”
Hermann Pfütze
“Vergleicht man Christine Jackob-Marks’ Werke der letzten Jahre mit früheren Arbeiten zu Akt, Landschaft, Stillleben und Tierportrait, lässt sich eine Abwendung von der gegenständlichen Darstellung beschreiben. Bezeichnenderweise versteht die Malerin dies keinesfalls als eine Hinwendung zur Abstraktion. Ganz im Gegenteil: Wer ihrer künstlerischen Entwicklung folgt, wird insbesondere in den landschaftsbezogenen Bildern eine fortschreitende Verschärfung wesentlicher Gedanken finden, die das gesamte Oeuvre begleiten. Die treibenden Fragen wie „wo komme ich her?“, „wieso bin ich in der Welt?“, „was ist die Einheit des Kosmos?“ zeugen von einer unaufhörlichen Suche nach dem Wesen des Seins und verweigern jede einfache Lösung. Sah Dr. Peter Raue in Jackob-Marks’ Bildern den „Verlust der Unschuld der Landschaft“ aufgezeigt, so scheinen in ihnen heute die Schuld und Unschuld von Farbe, Form und Duktus sowie des Malprozesses selbst zur Verhandlung gestellt zu werden. Dies wäre die konsequente Zuspitzung des von der Künstlerin beschriebenen Credos: „das Gesehene zerstören, weil es nicht wirklich das Gesehene ist; es steckt eine andere Realität dahinter“.”
Maria Wirth
“Ich bin kein intellektueller Maler, bin sehr spontan. Die Leinwand ist ein Dialog mit mir selbst, das Bild kommt aus der Mitte heraus, nicht aus dem Kopf.
(…)
Als Bildform fasziniert mich besonders die Landschaft. Vielleicht weil ich das Meditative in der Natur suche. Der Mensch in Bewegung, in Aktion, gibt mir viele zeichnerische Impulse, während die Landschaft, vor allem die leere Landschaft mich mit mir selbst konfrontiert.
(…)
Es entsteht immer wieder die Frage nach der ‘Wahrheit’, die hinter dem ‘Offenbar-Sichtbaren’ verborgen liegt. Meine Technik will eine Direktheit vermeiden; soll das Gesehene zerstören, weil es nicht wirklich das Gesehene ist; es steckt eine andere Realität dahinter. Es bleibt die Suche nach der ‘Realität’ hinter der ‘Realität’: das Metaphysische. Der Prozess erstreckt sich über die immer wieder erneute Zerstörung des Bildes, bis zur Abstraktion. Vielleicht ist das Bild ohne den sichtbaren Realitätsbezug ‘wahrhaftiger’ als das Gewohnt-Gesehene, als das Gelernt-Gesehene.”
Christine Jackob-Marks
“Das grundlegende Problem mit einem Denkmal, das etwas mit Juden zu tun hat, ist, das der Humor das Fundament der jüdischen Existenz ist. Wenn ein Denkmal eine Bedeutung haben soll, muss es aber frei von Humor sein. Lachen ist eine ernste Angelegenheit. Ein jüdisches Denkmal ist ein Oxymoron.
Eine Aussage zu widerlegen, die nie gemacht wurde, ist nicht schlimm. Theodor Wiesengrund Adorno schrieb 1949, es sei ‘barbarisch’, ein Gedicht nach Auschwitz zu schreiben. Er sagte nicht, es sei ‘unmöglich’ – das Wort ‘unmöglich’ hat ihm jemand in den Mund gelegt. Zumindest Paul Celan bewies, dass es sowohl möglich als auch nicht barbarisch war. (…)
Welch Ironie: Helmut Kohl und Ignaz Bubis, die beiden Männer, die durch ihre bloße Präsenz den Bau eines Holocaust-Mahnmals an die Spitze der historischen Agenda gehievt hatten, waren dieselben Männer, die mit dem Daumen nach unten zeigten und die Idee von Christine Jackob-Marks und ihrer Gruppe vom Tisch fegten. Einen Wettbewerb mit fairen Mitteln zu gewinnen, ist ideal. Einen Wettbewerb mit fairen Mitteln zu verlieren, ist vielleicht nicht ideal, aber nicht weniger ehrenhaft.”
Michael S. Cullen
Monografie der Künstlerin – künstlerische Stationen
„Es muss im Leben mehr als alles geben.“ (Maurice Sendak)
Mit Texten von Michael S. Cullen, Manfred Eichel, Mark Gisbourne, Adrienne Goehler und Charles Merewether
Herausgeber Ulf Meyer zu Kueingdorf
256 Seiten, Leinen gebunden, Deutsch/Englisch
26 s/w- und 213 4C-Abbildungen
Kerber Verlag Bielefeld 2016
ISBN 978-3-7356-0225-1